In der letzten Woche kam Frau Tesla mit einer Frage zu mir in die Coaching Session. „Herr Wehrs, wie viel Zeit sollte ich mit meinem Partner verbringen?“ Im ersten Moment war ich etwas irritiert. Dann fragte ich genauer nach, wie sie das meinte. „Nun ja“, sagte Frau Tesla, „Ich bin seit 6 Monaten mit meinem neuen Freund zusammen. Wir waren beide über längere Zeit Single. Die letzte Trennung war sehr schmerzhaft für mich. Mit Jürgen, so heißt mein neuer Freund, hatte ich 12 Dates, bis wir uns das erste Mal geküsst haben. Am Anfang unseres Kennenlernens haben wir uns erstmal nur einmal die Woche auf einen Kaffee getroffen. Dann sahen wir uns zweimal, mittlerweile treffen wir uns 1-2 mal in der Woche und am Wochenende ebenfalls.“
Frau Tesla wunderte sich, dass Jürgen jetzt geäußert hatte, weniger Zeit mit ihr verbringen zu wollen. Das verunsicherte sie. „Jedoch ist das kein Indikator für fehlende Zuneigung,“ entgegnete ich. „Die Liebe füreinander erkaltet nicht durch zu wenig Zeit miteinander. Möglicherweise fühlt sich Jürgen durch zu viel Nähe nur zu schnell eingeengt und vielleicht zu stark festgelegt. Mehr kann ich im Moment aus dieser Äußerung nicht erkennen.“ Ich fragte sie noch nach weiteren Details und erhielt mehr Informationen, die meine These festigten.
Dann wollte sie von mir wissen, was eine gesunde Mischung der Zeiteinteilung sei, und wie sie das für sich herausfinden könne. In diesem Artikel gehe ich diesem Gedanken nach und gebe 5 Hinweise für eine gesunde Balance zwischen räumlicher Nähe und Distanz.
1. Wahre deine eigenen Interessen!
Insbesondere in der ersten euphorischen Phase solltest du dich nicht komplett auf den neuen Partner konzentrieren. Versuche unbedingt deine eigenen Interessen und das geliebte Hobby nicht aufzugeben oder zu vernachlässigen. Achte auch darauf, dass der Partner es dir gleichtut und ermutige ihn, seinen Leidenschaften regelmäßig nachzugehen. Deine eigenen Vorlieben machen dich doch erst richtig interessant für den Partner. Und deine persönliche Zufriedenheit wächst dadurch.
Wenn du ausgeglichen bist, wirkt sich das positiv auf die neue Partnerschaft aus. Zuviel Nähe kannst du auch dadurch vermeiden, indem du beispielsweise an gemeinsamen Wochenenden auch mal ein paar Stunden allein verbringst. Wenn das räumlich möglich ist.
2. Pflege deine Freundschaften!
Deine Freunde können eine wichtige Stütze für deine Beziehung sein. Die Meinung der besten Freundin oder des besten Freundes ist bei schwierigen Entscheidungen hilfreich. Dadurch erhältst du eventuell neue Perspektiven und Sichtweisen auf manche Situation. Ein gemütlicher Männerabend oder eine unterhaltsame Frauenrunde bringen außerdem eine notwendige Abwechslung in die Beziehung. Vielleicht bringst du damit auch neue Gesprächsthemen zum nächsten Date mit.
„Machen Sie nicht den Fehler, sich mit Ihrem Partner vom Rest der Welt abzuschotten und so wertvolle Freundschaften zu verlieren. Viele Paare vergessen die Pflege ihrer Freundschaften und bemerken die Kluft nicht, die sich mit der Zeit zwischen ihnen und ihren Freunden auftut. Bedenken Sie, dass Ihr Partner Ihre Freunde nicht ausschließlich ersetzen kann und dies auch nicht soll“, erläutert Dr. Wiebke Neberich.
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3. Verwirkliche deine eigenen Träume!
Eine erfolgreiche Partnerschaft basiert nicht auf Egoismus sondern auch auf Kompromissen. Sie sind absolut notwendig für das Miteinander. Doch ist es ebenso wichtig, eigene Wünsche und Träume zu haben und diese auch realisieren zu wollen. Wenn du immer nur zurücksteckst, kann das zu Spannungen und Unzufriedenheit in der Beziehung führen.
Zum Beispiel wenn du deine Hobbys aufgibst oder deine berufliche Karriere-Möglichkeiten aus Rücksicht auf die Partnerschaft nicht nutzt. Die Veränderungen sind nicht automatisch eine Gefahr für deine Beziehung. Die zeitweilige räumliche Trennung kann auch eine Chance beinhalten, die Partnerschaft an der Herausforderung wachsen zu lassen. Kannst du dir vorstellen, dass manche Partnerschaften an einem Übermaß an Nähe zerbrechen können?
„Zu viel Nähe bewirkt selten, dass sich zwei Menschen eng verbunden miteinander fühlen. Das Gegenteil ist oft der Fall: Verbringen die Partner zu viel Zeit zusammen, entfernen sie sich gefühlsmäßig voneinander“, erklärt Dr. Neberich.
4. Handle dein Bedürfnis nach Nähe und Distanz aus!
Jeder Mensch hat ein eigenes Empfinden für Distanz und Nähe. Nach den ersten Monaten in der neuen Partnerschaft macht sich dieser Unterschied häufig bemerkbar. Während du viel zu zweit unternehmen möchtest, bedeutet das für deinen Partner schon zu viel Nähe. Er braucht vielleicht noch ein bisschen Zeit. Er möchte mehr Raum für sich und seine Interessen oder Hobbys.
„Distanz muss nicht immer bedeuten, dass Sie weg vom Partner möchten. Es kann auch bedeuten, dass Sie für eine Weile mehr Raum für sich selbst haben möchten. Das ist ein entscheidender Unterschied, den langjährige Paare sehr gut in ihrer Beziehung wahrnehmen können“, erläutert Dr. Neberich.
Gerade zu Beginn der Partnerschaft kann diese mangelnde Einfühlung Schaden anrichten. Rede von Anfang an über deinen Wunsch nach Nähe oder Distanz. Sei dabei so offen und ehrlich wie möglich. Sei dabei bitte respektvoll und wertschätzend. Zeige deinem Partner deine Gefühle auf. Er kann die Situation dann besser einschätzen und ihr könnt dadurch eine gemeinsame Ebene entwickeln. Zu diesem Thema habe ich hier mehr geschrieben.
5. Finde deinen persönlichen Mittelweg zur Nähe!
Die große Herausforderung für euch beide ist einen gesunden Mittelweg zwischen Nähe und Distanz zu finden. In jeder Partnerschaft ist das für den Alltag individuell und zeitaufwendig. Dabei kann zu viel Nähe oder zuviel Distanz gleichermaßen schädlich für die Beziehung sein. Das gilt es, für euch beide miteinander herauszufinden. Hier kann euch niemand sagen, was passt oder was nicht passt. Das ist allein eure ureigene Wahrnehmung.
„Da die meisten Menschen ein unterschiedliches Verlangen nach Nähe oder Distanz besitzen und sich dies je nach Gemütszustand auch ändern kann, ist der offene Austausch miteinander der beste Weg, um Unzufriedenheit vorzubeugen. Der Liebe droht meist Gefahr von zwei Seiten: Durch zu große Entfernung oder durch zu viel Nähe“, so Dr. Neberich.
Meine persönlichen Erfahrungen zu diesem Thema
Ich finde, dass es für dieses Thema kein allgemein gültiges Maß gibt. Das hängt, wie in den 5 Punkten aufgezeigt, von vielen Umständen ab: Die Dauer des Zusammenseins, der Entwicklungsstand der eigenen Persönlichkeit, die beruflichen Aktivitäten. Diese Parameter ändern sich ständig – mehr oder weniger stark. Jeder entwickelt sich ständig oder schubweise individuell und auch die gemeinsame Beziehung entwickelt sich weiter. Doch wie findest du jetzt in deiner Partnerschaft den richtigen Abstand?
In einer Liebesbeziehung besteht eine ständige Sehnsucht nach Nähe. Andererseits solltest du dir deine Rückzugsräume bewusst gestalten. Das ist nicht einfach. Häufig verspürst du ein Distanzbedürfnis und es fehlt dir der Mut diesen Wunsch zu sagen. Das ist nachvollziehbar. Denn der Partner soll nicht das Gefühl bekommen, dass du ihn ablehnst, sondern wissen, dass du für deine persönliche Entwicklung Freiräume brauchst.
Sage also so etwas ganz behutsam und empathisch. Stelle dir vor, wie du es selber aufnehmen würdest, wenn dein Partner dir das sagen würde. Damit der Partner auch wirklich sicher sein kann, dass es nicht an ihm liegt, sondern dass es dein ganz persönliches Bedürfnis ist.
Was meinst du zu diesem Thema „Nähe und Distanz“ und wie sind deine Erfahrungen? Ich freue mich über deine Rückmeldung.
Dein Thomas
Ein sehr kluger Artikel mit vielen wertvollen Hinweisen. Herzlichen Dank dafür, wir haben ihn mit großem Interesse gelesen. Das Spiel von Nähe und Distanz ist nicht immer ganz einfach zu spielen. Wer das beherrscht – kann eine tolle Beziehung langfristig führen. Bei uns gelingt das recht gut. Wir lassen uns gegenseitig Freiräume und freuen uns dann wieder sehr auf einander, auf eine gemeinsame schöne Zeit mit vielen besonderen Momenten. Die verlieren wir nie aus dem Fokus. Das ist es, was die Gefühle und die Leidenschaft bei uns für einander erhält.
Um die gegenseitige Anziehung für einander aufrecht zu erhalten ist das enorm wichtig. Sobald zu viel Alltag einzieht, jeder nur noch für sich selber mit seinen Pflichten und Aufgaben beschäftigt ist, verlieren wir uns aus den Augen. Oft gehen wir uns, wie im Artikel beschrieben, auch sehr auf die Nerven, wenn wir nur noch aufeinander hängen. Dann wird es einfach Zeit, einander wieder einmal etwas loszulassen. Luft zum Durchatmen brauchen wir alle. Dann ertragen wir uns auch in schwierigen herausfordernden Situationen wieder viel besser.
Auch wir sind nicht 24 Stunden lang ineinander verliebt, aber wir lieben uns und wissen, dass wir aufeinander zählen können. Das gegenseitige Vertrauen ist die Basis und das Fundament in unserer Partnerschaft. Und das erfüllt uns mit großem Glück: Einen Menschen gefunden zu haben, zu dem wir uns sehr hingezogen fühlen und mit dem jeder von uns durch dick und dünn gehen kann.
Ja, die Achtsamkeit ist ein Zauberwort für die Qualität in der Beziehung. Zu spüren, wie es dem anderen geht, was er braucht, welche Bedürfnisse er hat. Und dann darauf eingehen, ihm signalisieren „Ich bin da für dich“. Oft ist das nicht so leicht umsetzbar im Alltag. Zu vieles strömt auf uns ein. Das Handy läutet, die Hausarbeit ist zu erledigen, ein Termin steht an etc. Alles nicht so leicht unter einen Hut zu bekommen.
Trotz allem verlieben wir uns jeden Tag neu in einander. Unser Zusammengehörigkeitsgefühl ist riesengroß und wir wollen unsere Zukunft gemeinsam bestreiten.
Liebe Maria, lieber Thomas, vielen Dank für Eure tollen Ausführungen zu diesem Thema. Wir können Eure Sichtweise vollkommen bestätigen und erfahren auch für uns, dass die Liebe in der Beziehung immer wieder aufgefrischt werden sollte. Damit bleibt die Beziehung lebendig und offen für neue Erfahrungen, Begegnungen im Alltag und die Freude am gemeinsamen Handeln und Sein ist spürbar.