Hast du dich schon mit der emotionalen Intimität in Beziehungen beschäftigt? In den letzten Wochen habe ich ein paar Freundinnen und Freunde dazu befragt. Die Geschichten und Gefühle von vier meiner Freunde kannst du gleich hier lesen.
Mich interessiert am meisten, wie wir Menschen dieses Gefühl leben und wie es sich in unseren Beziehungen auswirkt. Also habe ich meine Freunde gefragt: „Wie lebst du in deinen Beziehungen die emotionale Intimität?“ Und dabei sind wirklich interessante Antworten herausgekommen.
Mich selbst habe ich natürlich als erstes selber gefragt und hier ist erst einmal meine Ansicht dazu: Ich verstehe bei der emotionalen Intimität das Gefühl der Nähe zu einer anderen Person. Ich sehe es besonders stark in meiner Beziehung. Wir beide empfinden als Paar eine hohe Empathie für einander. Wenn ich mich in einer emotional intimen Beziehung befinde, kann ich meine Gefühle auf einer persönlichen Ebene mitteilen. Dann werde ich nicht beurteilt oder sogar verurteilt für das, was ich fühle. Ich werde mit meinem Gefühl akzeptiert und fühle mich wohl dabei.
Diese Art von Intimität ist ebenso bezeichnend für meine wahren Freundschaften. Ich versuche diese Intimität in jeder persönlichen Beziehung zu leben. Das ist im Alltag auch schon mal eine Herausforderung. Vorausgesetzt ich verstehe sie für mich als eine echte Beziehung. Die emotionale Intimität lebe ich mit Freunden und in meiner Familie und natürlich, ganz wichtig, in meiner aktuellen romantischen Liebes-Beziehung.
Einige meiner Freunde haben mir gesagt, dass sie diese Intimität sogar gegenüber ihrer Katze oder ihrem Hund verspüren. Das kann ich in einer bestimmten Art und Weise gut nachempfinden und verstehen. Das Haustier kann durch seine Begrüßung bei meiner Rückkehr in die Wohung ein „Willkommen zu Hause“ als freudiges Gefühl geben. Ich hatte über zwölf Jahre eine Katze als Mitbewohnerin und bekam durch sie Aufmerksamkeit und viele Streicheleinheiten. Sie nahm mich so wie ich mich fühlte. Ohne „Wenn und Aber“. Das kann man auch auf die Paarbeziehung übertragen. Selbstverständlich im übertragenen Sinne, denn Beziehungen zwischen Mensch und Tier sind natürlich in der Kommunikation anders.
Vor kurzem habe ich gelesen, dass Intimität sowohl für die körperliche als auch für die mentale Gesundheit wichtig wäre. Das finde ich spannend. Denn, wenn das stimmt, dann fühle ich mich nicht nur gut sondern es tut mir auch gesundheitlich gut. Diese Intimität gibt mir nach diesem Modell eine Sicherheit und ein Vertrauen: In die Stärke und Kraft meiner Beziehungen. Dass sie einiges aushalten und mich in schwierigen Zeiten tragen können. Das fördert meine geistige Gesundheit, mein körperliches Wohlbefinden und meine Zuversicht in die Zukunft. Weil ich mich in Zeiten der Herausforderungen nicht allein fühle und mich auf Menschen verlassen kann. Hier habe ich zu dem Thema andere Gedanken verfasst.
Doch nun zu meinen vier Freunden. Was haben sie mir gesagt, als ich sie nach der emotionalen Intimität gefragt habe?
Gisela verbindet Intimität mit Vertrauen
Zuerst lasse ich meine liebe Freundin Gisela zu Wort kommen. Ich kenne sie schon ein paar Jahre. Wir treffen uns immer mal wieder auf einen Kaffee und tauschen uns über Veränderungen und Aktuelles in unserem Leben aus.
Gisela meint, dass für sie in erster Linie wichtig ist, andere Menschen erst einmal auf Distanz zu halten. Sie meint, ihr Vertrauen in andere Menschen war lange Zeit erschüttert durch eine Enttäuschung in der Vergangenheit. Sie wuchs in einem Umfeld auf, in dem es einen deutlichen Mangel an Intimität gab und sie hat dadurch anderen Menschen gegenüber eine zynische Haltung entwickelt. Diese konnte sie mit den Jahren abbauen und mehr Vertrauen in Menschen aufbauen.
Christoph sieht körperliche Aspekte im Vordergrund
Christoph, ein Freund aus Studientagen, kam mit dem Gedanken, dass für ihn emotionale Intimität auch eine besondere physische Komponente beinhaltet.
Wenn er sich mit jemandem wohl fühlt und Vertrauen hat, dann gibt es ganz natürliche körperliche Berührungen. Diese ergeben sich einfach im Zusammensein und sind für beide Seiten angenehm vertraut. Er schränkt das auch ein, indem er damit nur Berührungen meint, die aufrichtig und niemals erzwungen sind.
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Stefanie unterscheidet zwischen körperlicher und emotionaler Intimität
Vorab ein kleiner Ausschnitt aus dem letzten Gespräch von mir mit Stefanie. Sie liebt romantische Literatur. Ihre Lieblingsromanautorin, Barbara Cartland, hat einmal geschrieben: „Bei Männern entwickelt sich aus Sex manchmal Intimität; bei Frauen entwickelt sich aus Intimität manchmal Sex.“ Vielleicht sieht Barbara Cartland den Grund dafür, dass Männer Gefühle und Sexualität leichter voneinander trennen können. Für Männer kann Sex einfach nur körperlicher Natur sein. Für Frauen ist die Sexualität hingegen eher auch als eine Brücke zu verstehen, die zu einer größeren Intimität und Nähe führen kann.
Meine Freundin Stefanie meint dazu: „Natürlich ist das keine in Stein gemeißelte Regel, aber sie hilft mir, zu sehen, dass körperliche und sexuelle Nähe aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden kann. In jedem Fall glaube ich, dass körperliche Intimität zwangsläufig ein Gefühl der emotionalen Intimität vermitteln kann. Insbesondere wenn sie nicht im Rahmen einer Beziehung gelebt wird, in der die Intimität auch sonst eine Rolle spielt“.
Stefanie findet auch, dass sich in nicht-romantischen Beziehungen die gleichen Prinzipien anwenden lassen können. Der Kontakt zwischen zwei Menschen – hat ihrer Meinung nach – dann keinerlei Bedeutung, wenn er einfach nur aus einer Gewohnheit oder aus einer Pflicht heraus entsteht. Stefanie möchte auch klarstellen, dass sie die emotionale Intimität nicht auf den Aspekt der körperlichen Nähe beschränken möchte. Sie ist der Auffassung: Die Art und Weise, wie du mit anderen umgehst, beeinflusst ebenfalls das Maß an Intimität.
Marcel schwört auf Austauch von Gefühlen, Ideen, Wünschen, Träumen und Enttäuschungen
Mit meinem Freund Marcel hatte ich ein sehr intensives Gespräch zu diesem Thema. Er wollte sichergehen, dass emotionale Intimität wie folgt verstanden werden kann: Für ihn ist es wichtig seine Gefühle, Ideen, Wünsche, Träume und Enttäuschungen mit anderen teilen zu können. Denn auf diese Weise fangen seiner Meinung nach die Menschen an, sich wirklich kennenzulernen und sich Stück für Stück füreinander zu öffnen.
Er warnte mich auch davor, dass das nicht immer der richtige Weg ist. Die andere Person könnte sich beim Erleben seiner Offenheit schnell wieder ganz verschließen und auf größere Distanz gehen. Nämlich wenn seine Art zu reden einfach zu schnell zu persönlich wird. Also bildlich gesprochen fährt Marcel nicht wie eine langsame S-Bahn mit vielen Zwischenstopps, sondern er rast durch seine Beziehungen wie ein ICE ohne Halt.
Er verhält sich sogar dann wie beschrieben, wenn das Thema im Gespräch einen negativen Fokus hat. Er hat damit gute Erfahrungen gemacht. Er spricht im passenden Moment einfach offen darüber wie er über bestimmte Themen denkt. Das hat er sich in den letzten Jahren zur Gewohnheit gemacht. Er teilt seinen Mitmenschen das mit, was er denkt. Und er hofft, dass er das bei seinem Gegenüber dennoch Schritt für Schritt zur richtigen Zeit macht.
Emotionale Intimität ist ein Weg in zwei Richtungen
Am Anfang des Artikels habe ich gesagt, dass emotionale Intimität ein Weg in zwei Richtungen ist. Von mir zum anderen und umgekehrt vom anderen zu mir. Wenn ich allerdings versuche, eine bestimmte Situation zu erzwingen, werde ich mich und wahrscheinlich auch die andere Person in eine schwierige Situation bringen.Bei aller Offenheit sind auch die gegenseitige Achtung vor den Befindlichkeiten und (den noch vorhandenen) Tabus des Gesprächspartners zu achten, finde ich. Das gelingt mit der nötigen Portion Empathie.
Meine Erfahrung ist, dass emotionale Intimität ihren Raum und ihre Zeit braucht. Sie soll sich auf natürliche Art entwickeln können. Dabei habe ich gelernt, wann ich eher langsamer werde; zurücktrete und einen Gang herunterschalte. Nämlich dann, wenn es meiner Meinung nach nötig ist. Damit ich den anderen mit meiner Offenheit nicht „überfahre“.
Welche Erfahrungen und Gedanken hast du zur emotionaler Intimität? Wie lebst du deine persönliche Nähe zu Freunden und in deiner romantischen Beziehung?