Begleitung, Hingabe und tiefe Zuwendung. Diese Geschenke wünscht sich jeder für seine Partnerschaft. Wie erreicht man das und wie behält man die schönen und warmen Emotionen bei? Wie verhindert man emotionale Kälte in seiner Beziehung?
Zu Beginn einer Beziehung spüren beide Partner in ihrer ersten Verliebtheit noch sehr viel Nähe und ein wohliges Gefühl miteinander. Sie heben sich gegenseitig auf die rosarote Wolke – sie schweben im siebten Himmel. Die ganze Welt ist die ihre und jeder soll unbedingt teilhaben an ihrem Glück – anfangs. Jedoch, die Zeit vergeht schnell. Nach einer Weile kommt langsam der Alltag auf die beiden zu. Die Verliebtheit verflüchtigt sich – völlig normal. Die Routine des Miteinanders tritt ein. Der Wunsch nach gemeinsam verbrachter Zeit wird geringer. Auch das ist normal, denn jeder braucht auch eine gewisse Zeit für sich. Die Zeit für Zärtlichkeit weicht dem immer währenden Ablauf des Alltags. Es wächst – in manchen Beziehungen sogar – eine leichte Ignoranz und Gleichgültigkeit den Gefühlen und Wünschen des anderen gegenüber. Ich skizziere mal ein Beispiel aus dem Leben einer langjährigen Ehe.
Seit 20 Jahren ist Axel mit seiner Frau verheiratet. Vor dieser Ehe hatte er eine sehr aufreibende Beziehung, so dass ihm die Ruhe, die seine jetzige Frau Pia in der Beziehung ausstrahlt, sehr gut tut. In erster Linie schätzt er das auch heute noch. Sonst wäre er wohl kaum 20 Jahre mit Pia zusammen. Allerdings gab es Phasen in der Beziehung, in denen vor allem die Arbeit oder die Kinder mehr Aufmerksamkeit bekommen haben. Doch immer häufiger macht er sich Gedanken über diese „Ruhe“. Irgendwie hat er den Eindruck, Pia benötigt sehr wenig, um glücklich zu sein.
Und da schleicht sich der Gedanke ein, dass da keine wahrhaftig tiefe Liebe für ihn vorhanden ist. Er vermutet sogar emotionale Kälte dahinter – so sein subjektiver Eindruck. Pia zeigt zu wenig Emotion, findet Axel. Wie er darauf kommt, dass Pia gefühlskalt ist? Beim Tod von Pia´s Vater fiel ihm auf wie schnell Pia zur Tagesordnung überging. Keine großen Trauertränen, kein Weinen über den Verlust des Vaters. Keine Reue, ihm Dinge nicht mehr gesagt haben zu können.
Pia konzentriert sich lieber auf die Hausarbeit, geht darin auf. Das ist für Axel einerseits schön und bequem, andererseits fühlt er die Oberflächlichkeit. Gedanken über vorgestern oder übermorgen macht Pia sich nicht. Allenfalls, wenn es um eine sachliche Planung gibt. In Axels Wahrnehmung hat Pia keine Erinnerungen an irgendwelche Gefühle. Sie verbindet die wenigen Erinnerungen hauptsächlich mit sachlichen Informationen. Und so erzählt sie auch. Egal, was passiert ist: Sie erzählt es sachlich. Damit verbundene Emotionen hat sie offenbar nicht, so fühlt sich das für ihn an.
Die Situation – nach einer langen Zeit der Paarbeziehung und Ehe: Empfindungen und Emotionen schleifen sich über die Jahre ab und werden im Alltag nicht wahrgenommen. Das berühmte „Ich liebe Dich“ kommt immer seltener über die Lippen. Geschweige denn ein „Danke schön“ für das gemeinsam verbrachte Wochenende oder einfach nur mal Kleinigkeiten zwischendurch.
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Aus der Sicht von Pia sieht das anders aus. Würden wir sie fragen, bekämen wir jedoch die gleichen Befürchtungen zu hören. Das Schweigen und Auslassen der Gefühlskommunikation schürt den Teufelskreis. Keiner von beiden nimmt sich Zeit, seine Gefühle zu artikulieren oder den anderen zu bitten ihn in den Arm zu nehmen. Wäre es nicht schön, wenn Axel nach Hause käme und sagen könnte: „Schatz, das war ein anstrengender Tag. Kannst Du mich bitte einfach mal in den Arm nehmen, ohne Worte (erstmal) und mich fest umarmen? Ich brauche ein wenig Wärme zum Auftanken.“ Stattdessen schweigt Axel und Pia glaubt an Gleichgültigkeit. Axel und Pia vernachlässigen die gemeinsame Nähe und Intimität. Beide werfen sich wahrscheinlich gegenseitig Gefühlskälte vor.
Wenn Wärme und Geborgenheit fehlten, kann die emotionale Kälte mit der Zeit wachsen und es werden immer wieder andere Gründe oder Ausreden für die Vermeidung des Zeigens von Gefühlen erzeugt. Zermürbend für beide ist auch, wenn sich Pia oder Axel nie über die eigenen Gefühle ausgetauscht haben und emotional blockiert sind. In der Regel probiert der Partner immer wieder „die Mauer zu durchbrechen“, resigniert dann nach unzähligen erfolglosen Versuchen an der Ablehnung und emotionalen Distanz.
Was ist zu tun bei emotionaler Kälte?
Reden hilft – Schweigen tötet die gemeinsame Ebene
Obwohl beide Partner ähnliche Gefühle und Gedanken haben, gibt es doch für jeden eine andere Empfehlung. Denn die beiden sind individuell und in der jeweiligen Rolle unterschiedlich. Die Situation ist klar – wie oben beschrieben und kommt vielleicht auch dem einen oder anderen bekannt vor. Hier meine Gedanken, was ich zu Axel in einem Einzelgespräch sagen und was ich Pia raten würde.
Soforthilfe für Axel
Er sollte die Zurückhaltung und Schweigsamkeit seiner Frau Pia ernst- und nicht persönlich nehmen. Wenn Pia wirklich ihre Herausforderung mit der Formulierung ihrer Gefühle hat, darf Axel das respektieren. Er braucht keine Beurteilung vorzunehmen: „Du bist zu sachlich.“ Er könnte die Situation und Pia respektvoll betrachten. Seine Kritik sollte er nicht nur in Worte packen, sondern ihr auch anderweitig positive Signale senden. Diese sollten bedeuten: Lass uns etwas für die Beziehung tun. Wenn Axel ein Wir-Gefühl zeigt, lebt und ihr seine Zuneigung deutlich macht, zeigt er damit : „Ich liebe dich (immer noch).“ Und er macht Pia deutlich, dass er auch weiterhin mit ihr zusammen sein möchte.
Axel kann seine Gesprächsbereitschaft zeigen und sein Bild der gemeinsamen Geschichte dafür nutzen. Axel könnte etwas für Pia aus Liebe tun. Er könnte etwas organisieren, was sie schon lange nicht mehr gemacht haben – ganz für die beiden allein. Ob es ein Ausflug in die Nähe oder Städte-Kurztrip ist, oder ein romantisches Dinner im Lieblingslokal, das bleibt ganz seiner Phantasie überlassen.
Soforthilfe für Pia
Pia könnte offen, freundlich und direkt Ihre Befürchtungen vorbringen. Sie sollte Axel nicht als den Schuldigen der Situation ansehen. Sie braucht auch keinen Druck auszuüben. Es wäre hilfreich wenn Pia mit „Ich“-Sätzen ihre Wünsche an den gemeinsamen Lebensstil artikuliert: „Ich wünsche mir, mehr Zeit mit dir zu verbringen.“ Oder konkreter: „Ich möchte gern mit dir wieder öfter mal ins Kino gehen. Auf welchen Film hättest Du Lust?“ Pia sollte ihm Ihre Aufmerksamkeit mit diesen geäußerten Wünschen wieder näher bringen. Sie kann ihm durch Angebote der gemeinsamen Zeitgestaltung ihre Liebe und Zuneigung zeigen.
Hast du schon Erfahrungen mit so einer oder einer ähnlichen Situation gemacht?