In der heutigen Zeit scheinen wir mit dem ‚Spontansein‘ unsere Herausforderungen zu haben. Ich stelle für mich fest, dass es nicht so leicht ist meine ‚eingetretenen‘ Pfade zu verlassen. Sie sind mir lieb und teuer – die Frage dabei ist zu welchem Preis? Gehe ich ein Risiko für Minuten, Stunden oder einen ganzen Tag ein, wenn ich spontan bin? Welches Risiko gehe ich hier ein? Ich frage dich jetzt: Wann warst du das letzte Mal so richtig spontan? Wann hast du deine Lieben mit einer spontanen Einladung zum Kaffe, zum Essen oder mit einem kleinen Geschenk überrascht? Wann hast du das letzte Mal deine Freundin ohne Absprache besucht?
Es geht mir hier um die Spontaneität in der Partnerschaft. Kann Spontaneität Auswirkungen haben? Welche Mißverständnisse treten auf? Meine Gedanken und Antworten möchte ich jetzt mit euch teilen und freue mich über eure Meinung dazu.
Eine schöne Idee
In der letzten Woche kam Herr Flech zu mir ins Coaching:
„Meine Frau hat mir meinen Geburtstag total versaut. Ich hatte so einen tollen Tag. Einige überraschende und erfreuliche Anrufe. Glückwünsche und Dankesmails. Ich hatte schöne Gespräche und Begegnungen. Dann kam meine Frau nach Hause. Ich wollte sie zu meinem Geburtstag in ein tolles und teures Restaurant einladen. Den Abend außergewöhnlich mit ihr verbringen.“
Während er mir das erzählte, sah ich eine Traurigkeit mit einer Portion Wut.
„Erzählen Sie weiter, Herr Flech“, bat ich ihn.
Er erzählte mir, dass er seiner Frau gesagt hatte, dass er sie gern in ein schönes, teures Restaurant einladen wolle – zu seinem Ehrentag. Daraufhin hätte sie gefragt, ob er denn einen Tisch reserviert habe. Das verneinte er. – Sie wolle sich nicht wie eine Bittstellerin in dieses Restaurant begeben und außerdem müsse sie sich noch entsprechend anziehen – Das irritierte Herrn Flech. Er wollte etwas Außerplanmäßiges an seinem Geburtstag machen. Keine Reservierung vorab, keine adäquate Kleidung. Einfach spontan drauf los.
Spontaneität – manchmal doch keine schöne Idee?
Er sah seine Frau an und merkte, welche Schwierigkeiten sie hatte.
Er nachgebend: „Gut, dann bestelle ich einen Tisch für 18.30 Uhr“. Gesagt – getan. Er rief an und reservierte.
Sie genervt: „Na, das war ja jetzt ein komisches Telefonat. Wieso fragen sie dich, wie lange wir bleiben wollen? Das sind ja überhebliche Gastronomen. Das mag ich überhaupt nicht, wenn ich dort sitze und die Uhr im Hintergrund tickt. Soll ich denn nach zwei Stunden wieder aufstehen, weil die nächsten Gäste warten?“
Auf dem Weg sah er sie von der Seite an und merkte, dass sie immer noch unzufrieden dreinblickte.
Er irritiert:“Was ist los?“
Sie jammernd: „Ist dir das viele Geld nicht zu schade dafür? Wir haben noch so viele Anschaffungen zu machen und du willst jetzt mehrere hundert Euro für das Abendessen ausgeben!“.
Er genervt: „Wie jetzt? Das verstehe ich gerade nicht. Ich möchte mir dir einen besonderen Abend verbringen. Und du fragst mich, ob wir nicht was Besseres mit dem Geld machen können? Ich möchte mit dir einen schönen Abend haben.“
Daraufhin Sie trotzig: „Ich will das nicht. Ich fühle mich total unwohl. Außerdem sitzen dann so snobistische Leute dort. Ich ziehe das jetzt nur für dich durch, damit es erledigt ist.“
Das war ein richtiger Hammer für Herrn Flech. Hatte er richtig gehört? Seine Frau sagte ihm gerade, dass sie die Einladung ins Restaurant durchziehen würde, um „es“ zu erledigen? Er fühlte sich hilflos, ratlos und war irritiert.
Das abrupte Ende einer schönen Idee
Herr Flech spürte eine Wut in ihm hochkommen. Er nahm das Handy und bestellte den Tisch ab.
Er reagierte verletzt: „Jetzt habe ich keine Lust mehr. Ich werde mich nicht dort hinsetzen und in dein säuerliches Gesicht schauen, während wir beide sprachlos miteinander essen. Dazu Ich habe keine Lust Kommentare zu den Gästen zu hören.“
Sie erschrocken: „Das habe ich doch gar nicht so gemeint. Ich wollte doch nur darauf hinweisen, dass wir was Besseres mit dem Geld machen könnten.“
Er fragend: „Was Besseres? Was kann es Besseres geben als mit meiner Liebsten einen schönen Abend bei Speis und Trank zu verbringen. Das ist mir viel wichtiger als alle Anschaffungen. So, und was machen wir jetzt? Der Tisch ist futsch.“
Sie: „Tut mir leid. Ich bin total entsetzt und ärgere mich nun über mich selber. Lass uns nach Hause gehen.“
Eine andere Sichtweise auf das Geschehene
Als Coach kann ich das Dilemma dieser Situation gut nachvollziehen. Der Wunsch nach etwas Spontanem bei ihm. Das Bedürfnis nach Sicherheit bei ihr. Es ist für beide nicht ganz einfach damit zurecht zu kommen. Beide möchten gleichzeitig sowie gleichwertig wahrgenommen und respektiert werden.
Herr und Frau Flech sollten nun darüber reden, was passiert ist. Über sein Gefühl der Enttäuschung und Wut. Über das Gefühl des Drucks auf ihrer Seite durch die fehlende Sicherheit. In den Perspektiven von Sicherheit und Spontaneität können Kompromisse miteinander geschlossen werden. Mal kann Frau Flech seiner Spontaneität nachgeben, mal darf sie exakt planen. Wobei kleine Dinge dafür prädestiniert sind, spontan gelebt zu werden – größere erfordern meistens eine Planung. Wir sollten uns die Möglichkeit der Spontaneität bewahren, denn wir verplanen unsere Tage schon viel zu viel. Andererseits kann man sich auf geplante Dinge auch schon länger vorher freuen. Die Mischung macht es.
Den Urlaub zum Beispiel, kann sie ein Vierteljahr im Voraus im Detail planen und buchen. Auch Geburtstage sind für Frau Flech Tage der Planung. Dann weiß sie, was sie vorhat. Darauf kann sie sich vorab freuen.
Herr Flech sollte seine Spontaneität ausleben können. Allerdings kann er nicht immer erwarten, dass seine spontanen Ideen immer auf positive Reaktionen treffen. Das sollte er einplanen!
Wenn beide miteinander über ihre Wünsche und Bedürfnisse reden, können sehr gute Kompromisse getroffen werden. Dadurch entsteht ein harmonisches und kompromissbereites sowie respektvolles Miteinander. Und dann klappt’s auch besser mit der spontan gelebten Spontaneität.
Bist du eher der spontane Mensch oder der große Planer? Wie reagierst du in diesen oder ähnlichen Situationen?